Alltag

 Mittlerweile kehrt bei mir sowas wie Alltag ein. Ich gehe morgens zur Arbeit und am Nachmittag zur Schule. Meine Arbeit im Botanischen Garten beginnt um 9:30 Uhr und endet um 12:30 Uhr. Um 14:00 Uhr muss ich in der Schule sein. Es bleiben also 1,5 Stunden für die Mittagspause, wobei ich ca. 25 Minuten brauche wenn ich zur Schule laufen will. Das mache ich ganz gerne obwohl es nur bergauf geht und die "Frische Luft" eher von Abgasen getränkt ist. Der Weg führt aber auch durch einen kleinen Park was ich dann genieße.

Gestern bekam ich sozusagen mein eigenes Bäumchen zugeteilt, welches einen neuen Schnitt bekommen soll. Es ist eine 3 Jahre alte Konifere. Zuerst mussten die alten Drähte entfernt werden, die zum Teil ins Holz eingewachsen waren. Alex hat mir ein bisschen geholfen, denn gerade die etwas dickeren Drähte waren manchmal schwer zu entfernen.


 Anschließend wurden die nicht erwünschten Ästchen entfernt. Es erinnerte mich ans Ausgeizen von Tomaten, nur eben etwas stacheliger. Während ich noch mit dem "Ausputzen" beschäftigt war, begann Alex mit der Bearbeitung des Stammes. Er kratzte das Altholz heraus und somit hatte der Baum danach eine kleine Spalte im Stamm. Mit einer kleinen Stahlbürste wurde der Stamm anschließend gebürstet. Ich war sehr erstaunt wie der Stamm plötzlich seine Farbe änderte in ein schönes rotbraun. Dann war es auch schon Zeit zum Zusammenräumen und den Baum bis zum nächsten Tag auf die Seite zu stellen.


Als ich heute morgen ankam, war von Alex und Lena nichts zu sehen. Nachdem ich eine Weile in der Cafeteria gewartet habe, fragte ich den Kellner dort, ob er weiß wo Alex ist.  Er sagte mir, dass dieser heute 1 Stunde später kommt. Nun ja, das hätte er mir schreiben können aber andererseits ist das eine gute Möglichkeit mir den Botanischen Garten mal genauer anzuschauen. Der Weg führte mich zum Orchideenhaus, welches aber noch geschlossen war, denn der Garten öffnet offiziell erst um 10 Uhr. Was aber zugänglich war, ist die Ikebana Ausstellung, die heute offiziell eröffnet wurde. Ich war also eine der ersten Besucherinnen dort und konnte die Ausstellung ganz alleine genießen. Da waren schon einige tolle Kunstwerke dabei. 



Auf dem Rückweg traf ich auf die anderen Freiwilligen aus Deutschland, die natürlich einige Jahre jünger sind. Man kennt sich mittlerweile und begrüßt sich. Sie sollten "irgendwelche Pflanzen" ausfindig machen. Kurz vor 10:30 Uhr war ich wieder in der Cafeteria der Bonsai Abteilung und wurde dort von Alex bereits erwartet. Zu meiner Überraschung hatte sich dort auch ein Kamerateam aufgebaut und ich schlich mich vorsichtig an ihnen vorbei. Schließlich hatte ich keine Lust im Ecuadorianischen Fernsehen zu landen. Alex hatte mein Bäumchen schon bereit gestellt. Heute allerdings im Hintergrund der Cafeteria um ungestört arbeiten zu können. Lena hat heute einen freien Tag und ja er hatte vergessen mich zu informieren, dass es heute später losgeht. Nun ja, ich hatte ja auch meinen Spaß. Alex begann mit einem Messer und einer Zange die Äste zu kürzen. Zum Schluss war gefühlt nur noch die Hälfte des Baumes übrig. Ich fand es schon etwas heftig. Er meinte das sei alles totes Holz, welches weg muss. Als nächstes zeigte er mir wie ich die Rinde entfernen kann indem ich zuerst den Ast mit der Zange zusammen drücke und dann die Rinde per Hand abziehe. Für die dickeren Ästchen gab er mir eine Art Schabwerkzeug. Er zeichnete mir eine Kreidelinie auf den Baum bis zu der ich arbeiten kann und verabschiedete sich um einem jungen Mann die Bonsai Ausstellung zu zeigen. Sehr mutig, mir einfach das Bäumchen anzuvertrauen. 



 Also begann ich zu drücken, zu kratzen und zu schaben bis ich der Meinung war, dass alle Rinde entfernt war. Ich war mir nicht sicher ob ich nicht an manchen Stellen zu fleißig war, aber es handelt sich ja um Totholz. Als Alex einige Zeit später wieder kam, war ich echt gespannt auf sein Gesicht. Er schien aber ganz zufrieden zu sein und meinte ich wäre eine gute Mitarbeiterin. Wow.....  Dann war es auch schon wieder Zeit für die Mittagspause. Alex ließ mich durch den Hinterausgang raus, damit ich dem Fernsehteam nicht durch den Weg laufe. Ich bin schon sehr gespannt wie es morgen mit dem "Bäumchen" weiter geht. 

In der Schule angekommen, nach einem kurzen Einkauf in der "Mall Jardin", wurde ich von Maria erwartet. Zuerst sind immer die Hausaufgaben dran. Diesmal sollte ich eine deutsche Legende oder ein Märchen auf spanisch aufschreiben. Ich entschied mich fùr den "Rattenfänger von Hameln" auf Spanisch "El flautista de Hamelin". Er ist in Ecuador tatsächlich bekannt wie andere Märchen der Gebrüder Grimm auch. Gestern haben wir im Unterricht "Schneewittchen" gelesen, auf Spanisch "Blancanieves". Der Unterricht besteht nicht nur aus Grammatik und Vokabeln. Es geht auch ganz oft um Feste und Traditionen oder um die Kultur in Ecuador. Ich erfahre sehr viel über das Land und seine Einwohner, die ja teilweise Indigene mit ihrer eigenen Kultur und Sprache sind. Im Gegenzug erzähle ich auch viel über Deutschland. Am Dienstag war meine Hausaufgabe, eine deutsche Tradition zu beschreiben. Ich wählte das Aufstellen des Maibaums aus. Das kannte Maria tatsächlich noch nicht und auch die Bilder von unserem Kirschbaum fand sie sehr interessant. In Ecuador gibt es nämlich keine Kirschen. Sie werden aus Chile importiert. Wie ihr seht, gibt es hier ganz viel interkulturellen Austausch - so wie es sein soll und so wie ich es mir gefällt. 😊


Kommentare

  1. Nach dieser tollen Ausstellung bin ich mal gespannt, wie es dann bei dir zuhause demnächst aussieht o:).
    Wünsche dir weiterhin eine schöne Zeit
    LG Silvia

    AntwortenLöschen
  2. Alles sehr interessant. Freue mich auf mehr. L. G. Marietta

    AntwortenLöschen
  3. Das sind tolle Einblicke in eine - für mich - fremde Welt. Ich freue mich immer, deine Berichte zu lesen und auf deine Fotos.
    Liebe Grüße Bettina und Vanessa

    AntwortenLöschen
  4. Ja, liebe Julie, das könnte doch ein neues Geschäftsfeld neben dem Wollkörbchen werden. Aber vielleicht widmest du dich den Bonsais auch einfach zur Entspannung 💆🏼.
    LG Sibylle, schon wieder zuhause.

    AntwortenLöschen

Kommentar veröffentlichen